01.11.2019

Wortakrobaten treffen mitten ins Herz

Kolpingwerk: Poetry Slam Premiere in Coesfeld / Zuhörer sind begeistert

„Leben wir weiter wie bisher, bräuchten wir 2030, und das ist schon ganz bald, zwei Planeten, 2050 gar drei!“ In atemberaubender Mundakrobatik rasselt Marian Heuser die vielen Konsumgüter herunter, die kurz gebraucht und bald wieder in der Tonne landen. Langsamer wurde er bei diesen Sätzen: „Wir benutzen Mülltonnen-Deo und denken nicht an die Menschen, die auf Müllbergen leben müssen.“ „Verantwortung ist das unliebsamste Wegwerfprodukt.“ Schon das erste Warm-up des Moderators, selbst Poetry Slamer aus Münster, zum Kennenlernen außerhalb der Wertung dargeboten, knipste die Spannung an.

Als ein weiteres großes Projekt im Reigen der „Weltbaustelle Coesfeld“ hatte das Kolpingwerk im Bistum Münster einen „Poetry Slam“–Dichterwettstreit nach Coesfeld geholt. Für viele war diese Literatur-Kunst Neuland. Die Ortsgruppe „Parents4Future“ stellte sich mit einem Infostand vor. Von ihrer Generation bis zum Rentenalter waren knapp 200 Zuhörer in die zauberhaft illuminierte Anna-Katharina Kirche Coesfeld gekommen. Als „Feuerwerk der Wortkunst“ von den ehrenamtlichen und hauptberuflichen Kolping-Organisatoren der Weltbaustelle angekündigt, landeten sie mit diesem für Coesfeld eher neuen literarischen Wettbewerb einen Volltreffer. Am Ende des Abends waren alle reicher: Das Publikum mit vielen neuen Gedankenpfaden zu Umweltthemen. Und das für Künstler beste Honorar, ein begeisterter Applaus und stehende Ovationen.

Moderiert von Marian Heuser (li.) ernteten (weiter li.) Zwergriese, Theresa Sperling, Florian Stein, Simeon Buß, Micha Ebeling und Felicitas Friedrich für ihre Interpretationen zu Klimaschutz, Armut oder Nachhaltigkeit begeisterten Applaus.
Moderiert von Marian Heuser (li.) ernteten (weiter li.) Zwergriese, Theresa Sperling, Florian Stein, Simeon Buß, Micha Ebeling und Felicitas Friedrich für ihre Interpretationen zu Klimaschutz, Armut oder Nachhaltigkeit begeisterten Applaus.

Sechs in der Szene gut bekannte Poetinnen und Poeten (Slammer) traten mit selbstverfassten Texten gegeneinander an. Slam-Master Marian Heuser addierte die Wertungen des Publikums.

Von der Deutschen Unesco-Kommission wurden die deutschsprachigen Poetry Slams 2016 als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Und die Vereinten Nationen mit ihren 17 nachhaltigen Entwicklungszielen waren Basis des Weltbaustellen – Poetry Slams.

Äpfel, Birnen und der Weltfrieden

Für die Interpretation der Thesen wie Klimaschutz, Armut, Geschlechtergerechtigkeit oder Nachhaltigkeit ernteten Zwergriese (Essen), Florian Stein (Bochum), Felicitas Friedrich (Graz), Micha Ebeling (Berlin), Simeon Buß (Bremen) und Theresa Sperling (Nordhorn) nach ihren zehn, jeweils sechs-minütigen Literaturkunstvorträgen begeisterten Applaus.

Kleine Kostproben der vier späteren Finalisten, deren weitere Gedankenakrobatik und Performance in der Endrunde die Wettbewerbsentscheidung brachte: Florian Stein (Bochum) nahm sich mit viel Theatralik die Ziele Ungleichheit und Frieden vor und erntete zu seinem „Vergleich“ von Äpfeln und Birnen begeisterte Freude und Applaus. Nach heftigen Wortgemetzeln zwischen „König Braeburn“ und Birnenkönig Williams kamen die beiden Konkurrenten zu dem Schluss: „Die Hölle, das sind die Zitrusfrüchte und was wirklich zählt, sitzt immer unter der Schale.“

Michael Endes Buch „Momo“ war Inspiration für Simeon Buß, seine Gedanken zu den Zeitdieben auf die Bühne zu bringen: „Zig to does, so machen wir unsere Lebenszeit zu einer Ware!“ Das der Feierabend der Zuhörer gut investiert war, schien offensichtlich, denn „ihr habt zugehört, so habe ich euch wohl nicht die Zeit gestohlen“.

Felicitas Friedrich hatte nachgerechnet: „In 55 Tagen ist Heilig Abend. Die Welt verbessern macht ein gutes Gefühl!“ In ihrem Finale-Text machte sie allen Mut, sich im eigenen Körper wohl zu fühlen, auch wenn er nicht perfekt ist. Mit großartiger Darstellungskunst transportierte sie die Zerrissenheit aller, „die einen Körper haben, der ihnen nicht ganz gehorcht“ bis in die letzten Bankreihen. „Du kannst dich nicht umbringen, indem du den Atem anhältst!“ Als Alternative hierzu bot sie die versöhnende Feststellung „Dein Körper ist ein Wunder. Kein Wunder, dass du auch eins bist!“

Feine Stimmmelodik und nur knappe Gesten benötigte Theresa Sperling, um ihren Zuhörern das blanke Entsetzen ins Gesicht zu schreiben. „Ihre Öffnung zu lieben ist nur Fingernagel-groß.“ Bildreich erzählte sie vom ungebrochenen Willen ihrer Schülerin Fatma, Ärztin zu werden, trotz körperlicher Schmerzen und psychischer Folgen durch Genitalverstümmlung. Mit ihrem späteren Vortrag über Generationengeschichten holte sich Theresa Sperling den Titel als erste Coesfelder Poetry-Slam-Gewinnerin.

Text und Foto: Rita Kleinschneider

Weltbaustelle
Poetry Slam Weltbaustelle Coesfeld
Theresa Sperling holt sich den Titel als erste Coesfelder Poetry-Slam-Gewinnerin.
Theresa Sperling holt sich den Titel als erste Coesfelder Poetry-Slam-Gewinnerin.

Gut zu wissen

  • Nächster Termin Weltbaustelle Coesfeld: Sonntag, 10. November, Kolping-Bildungsstätte, 12 Uhr, incl. Imbiss: "Future Jam" 17 Ziele in unserem Ort - Misch dich ein, gestalte mit!
  • Alle Infos zur Weltbaustelle Coesfeld 
 
 

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