09.01.2023

Kolping im Wandel - eine Stärke unseres Verbandes!

In seiner mehr als 170-jährigen Geschichte hat unser Verband immer wieder auf gesellschaftliche und kirchliche Veränderungsprozesse reagiert und notwendige Entscheidungen – auch mit Blick auf eine große lebendige Tradition – zur verbandlichen Weiterentwicklung getroffen. Erinnert sei an die Umbenennung der Gesellenvereine in Kolpingsfamilien im Jahre 1933 – die damit erfolgte erste Öffnung der Mitgliedschaft – sowie die Mitgliedschaft von Mädchen und Frauen seit 1966. Ich bin davon überzeugt, dass dies eine Stärke unseres Verbandes ist! Verbandliche Weiterentwicklung bedeutet für mich, gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass wir auch in Zukunft, orientiert an den Grundlagen unseres Verbandes, handeln, uns dabei aber unserer Geschichte und Tradition bewusst sind. Unseren Verband müssen wir somit nicht neu erfinden, sondern weiterentwickeln, wollen wir Sehnsucht wecken, damit sich Menschen für KOLPING interessieren und verbandlich engagieren.

Kritische und besorgte Anfragen!

Die Bedingungen der Mitgliedschaft im Kolpingwerk Deutschland, die Zuordnung unseres Verbandes als „privater Verein von Gläubigen“ zur verfassten Kirche sowie unser Selbstverständnis als katholischer Sozialverband waren seit 2016 zentrale Fragen im Rahmen des Zukunftsprozesses „Upgrade … unser Weg in die Zukunft“. Die Ergebnisse dieses Prozesses haben jetzt Eingang gefunden bei der Weiterentwicklung bzw. Aktualisierung unseres Leitbildes „KOLPING – verantwortlich leben, solidarisch handeln“ aus dem Jahr 2000. Kontroverse Diskussionen, viele kritische, berechtigte und besorgte Anfragen an die Leitungsverantwortlichen auf Bundesebene und in den Diözesanverbänden machten deutlich, dass diese Fragen an die Tiefenstrukturen unseres Verbandes rührten. Es ging nicht um eine Formalität, sondern um die gewachsene Identität als katholischer Mitgliederverband. Im Gebet der Kolpingsfamilien beten wir gemeinsam um die Gaben „Geschichtsbewusstsein und Fortschrittswille“, durch die Adolph Kolping sein Werk prägte. In diesem Sinne wird sich am Verhältnis von Kontinuität und Offenheit für Veränderungen zeigen, ob und wie verbandliche Weiterentwicklung gelingt, welchen Beitrag wir als KOLPING in einer sich verändernden Gesellschaft und einer krisengeschüttelten katholischen Kirche in Deutschland künftig leisten können.

Orientierung am Wollen und Handeln Adolph Kolpings!

Fundament dafür ist Adolph Kolping, die Orientierung an seinem Wollen und Handeln als Seelsorger und Sozialreformer, Pädagoge und Publizist. Er konnte die lebendige Entwicklung des von ihm gegründeten – heute global tätigen – Mitgliederverbandes nicht absehen. Ebenso wenig konnte er ahnen, dass sich die soziodemographische Situation einmal ganz anders darstellen würde. Das heute andere gesellschaftliche Fragen und Herausforderungen – wie Diversität und Klimaschutz, Globalisierung und Digitalisierung – auf der Tagesordnung stehen, war für unseren Gesellenvater nicht absehbar. Wir dürfen uns auf einen Verbandsgründer berufen, der Akzente von zeitloser Wirkung und Gültigkeit zu setzen vermochte. Mit dem vielfach zitierten Verweis auf die „Nöte der Zeit“ verbindet sich dies als Charakteristikum seines Wirkens und erteilt uns den Auftrag, darauf angemessen zu reagieren. Die Katholische Kirche hat einen solchen Ansatz, die jeweilige Zeit nicht aus überzeitlicher Perspektive und damit tendenziell skeptisch zu betrachten, erst knapp hundert Jahre später mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil für sich angenommen. An dieser Stelle blickte Adolph Kolping theologisch und pastoral offenkundig voraus. Und nicht nur hier: Auch seine Darlegungen hinsichtlich des christlichen Lebenszeugnisses im Alltag sind von außergewöhnlich prophetischer Kraft. Sie bilden bis heute eine ambitionierte Basis für ein Verständnis des Dienstes christlicher Laien in der Welt von heute.

Auch in der Interpretation einer dynamischen, historischen Entwicklung braucht es Prioritäten. Diese werden von der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegeben und müssen im Lichte des Evangeliums gedeutet werden. Für unseren Verband bedeutet dieses Grundverständnis der eigenen Aufgaben und Sendung, das verbandliche Profil zu schärfen, um dadurch in die Gesellschaft hineinwirken zu können. Um die Gesellschaft wirksam mitgestalten zu können, setzt unser Verband auf eine breite Partizipation seiner Mitglieder, vor allem der ehrenamtlichen und hauptamtlichen Leitungsverantwortlichen. Auch die Einrichtungen und Unternehmen im Kolpingwerk Deutschland sind dabei als Orte kirchlichen Lebens auszumachen, in denen Menschen unterschiedlichster Couleur mit den Ideen und Werten Adolph Kolpings vertraut gemacht werden. Mit der Gründung seiner Gesellenhäuser hat er Institutionen geschaffen, um gesellschaftliche Verhältnisse effizient und sichtbar zum Guten umzugestalten. Ehrenamtliche und hauptamtliche Leitungsverantwortliche sind gemeinsam gefordert, die Strukturen den jeweiligen Gegebenheiten entsprechend zu gestalten oder zu verändern. Es ist dabei unerlässlich, im Sinne Kolpings die Zeichen und Nöte der Zeit zu entdecken und gelegentlich aus alten Sicherheiten herauszutreten.

Kolping in der Mitte von Gesellschaft und Kirche!

Das Kolpingwerk Deutschland versteht sich als Teil der katholischen Kirche und bietet Orte, an denen Menschen für Gottes Wort und Gebet Raum finden. Dadurch bekommen sie Stärkung und Orientierung für ihr Leben, um in ihrem Alltag das zu leben, was sie von der frohen Botschaft Jesu Christi verstanden haben. Wo sie ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung oder Identität, ihrer Lebensform oder ihres sozialen Status willkommen und angenommen sind, ihre Bestimmung entdecken und sich mit ihren Begabungen einbringen können. Kolping in der Mitte von Gesellschaft und Kirche – dazu bedarf es einer Haltung, die geprägt ist von Respekt gegenüber Menschen und Natur und die davon ausgeht, dass wir Verantwortung nicht nur für unser privates Leben, sondern auch in Gesellschaft und Kirche tragen. Dazu bedarf es Menschen in Verbänden und Vereinen, die werteorientiert handeln und die sich für bessere Lebensumstände engagieren. In der katholischen Kirche – nicht zuletzt durch den Einfluss von Papst Franziskus – mehren sich die Stimmen, die eine besondere Zuwendung für die Menschen an den Rändern (außerhalb und innerhalb) als notwendig erachten. Darin besteht – so meine ich - eine deutliche Nähe zum Grundanliegen Adolph Kolpings. Mit der Ausrichtung über die Grenzen bisheriger Strukturen hinaus verbinde ich den Anspruch, als katholischer Sozialverband in der gesellschaftlichen Mitte zu wirken und die heutige Gesellschaft – soweit dies möglich ist – zu repräsentieren und den christlichen Blick auf die Ränder zu richten.

Unser Verbandsgründer legte den Grundstein für sein Werk, das von tiefer Kirchlichkeit und großer Verbundenheit mit der katholischen Kirche geprägt war. Unzählige Zitate Adolph Kolpings bezeugen seine Intention, dass das Christentum sich nicht in „Kirche und Betkammern“ zurückziehen darf. Wenn er davon sprach, dass „die Nöte der Zeit euch lehren werden, was zu tun ist“, dann steckt darin ein unverhohlener Appell, die gesellschaftlichen Realitäten anzuerkennen, weil nur auf einer solchen fundierten Basis etwas Gutes entstehen kann. Das im November durch die Bundesversammlung beschlossene Leitbild zeugt davon, dass sich unser Verband mit seinen Einrichtungen und Unternehmen auch künftig an der herausragenden Gestalt Adolph Kolpings orientieren wird, um Gesellschaft und Kirche mitzugestalten. Dass dabei immer die jeweiligen zeitlichen Umstände berücksichtigt werden müssen, liegt auf der Hand.

Ulrich Vollmer, 1957 geboren, seit 1976 Mitglied Kolpingsfamilie Holtwick, 1977 – 1982 Diözesanleitung Kolpingjugend, 1982 – 1987 Bundesleitung Kolpingjugend, 1989 – 1992 Bezirksvorsitzender, 1992 – 2001 Diözesanvorsitzender, 1996 – 2004 Bundesvorstand, 1996 – 2000 Vorsitzender Leitbildkommission, 2004 – 2008 stellv. Bundesvorsitzender, 2008 – 2022 Bundessekretär, seit Mai 2022 Vorsitzender Diözesankomitee im Bistum Münster



Ulrich Vollmer
Foto: Barbara Bechtoff, Kolpingwerk Deutschland
Ulrich Vollmer
Foto: Barbara Bechtoff, Kolpingwerk Deutschland
 
 

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